Rückblick
Der 6. Kongress Urheberechtspolitik zum Thema „Künstliche Intelligenz und Verantwortlichkeit für kreative Inhalte“ vor wenigen Tagen hätte aktueller nicht sein können: Nach der vorläufigen Einigung zwischen EU-Rat und EU-Parlament zum Digital Services Act (DSA) werden die Diskussionen über den AI Act, mit dem die Europäische Union erstmals einen gesetzlichen Rahmen für die Entwicklung und Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) schaffen will, vorangetrieben. Der Kongress hat am 26. Juni in Berlin Expert*innen und Interessengruppen zusammengebracht, um über wichtige Fragen des geistigen Eigentums und der rechtlichen Rahmenbedingungen in der digitalen Ära zu diskutieren und Impulse für Gesetzgebungsprozesse zu sammeln.
In seiner Begrüßung betont Dr. Andreas Mues (Geschäftsführer des Erich Pommer Instituts | Kanzler Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF), dass die Herausforderungen durch KI nur durch interdisziplinäre Gespräche zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu bewältigen seien. Dr. Andreas Klafki (Leiter des Referats Digitale Wirtschaft, Digitale Infrastruktur | Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg) weist in seinem Grußwort darauf hin, dass Kreativschaffende auf einen urheberrechtlichen Schutz ihrer Werke angewiesen sind. Es stelle sich nur die Frage, wie sich Künstliche Intelligenz mit dem Urheberrecht vereinbaren lässt.
Durch den Kongress führen Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M. (Cambridge) (Rechtsanwalt & Partner | NORDEMANN | Juristischer Direktor Erich Pommer Institut) und Christiane Stützle (Rechtsanwältin & Partnerin | Morrison & Foerster LLP). Das Moderationsduo begrüßt das Publikum in der „virtuellen Tanzschule für KI“, in der die Expert*innen als Tanzlehrer*innen den Teilnehmenden die komplexe Choreografie der Künstlichen Intelligenz beibringen. Passenderweise hat ChatGPT ihnen Ideen für die Begrüßungsrede gegeben.
Um den rechtlichen Rahmen für KI einordnen zu können, braucht es jedoch vorher ein gemeinsames Grundverständnis für die Technologie. Prof. Dr. Gerard de Melo (Chair for Artificial Intelligence and Intelligent Systems | Hasso-Plattner-Institut) erklärt den Anwesenden daher anschaulich die Grundlagen Neuronaler Netze und Maschinellen Lernens. Mit dieser Basis gibt Axel Voss (Mitglied des Europäischen Parlaments) in seiner Keynote einen Einblick in die Perspektive des europäischen Gesetzgebers. Als Mitglied des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments ist er unmittelbar an der Ausarbeitung der KI-Verordnung (sog. AI Act) beteiligt gewesen, mit dem die EU erstmals einen gesetzlichen Rahmen für die Entwicklung und Nutzung künstlicher Intelligenz schafft.
Auf dem ersten Panel des Tages bringen danach Dr. Aljoscha Burchardt (Principal Researcher und stellv. Standortsprecher | Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) Berlin), Dr. Christina Oelke (Senior Counsel Recht und Regulierung | Vaunet), Prof. Dr. Malte Stieper (Gundling-Professur für Bürgerliches Recht, Recht des geistigen Eigentums und Wettbewerbsrecht | Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), Matthias Hornschuh (Komponist/ Sprecher der Kreativen | Initiative Urheberrecht) und Axel Voss (MdEP) ihre unterschiedlichen Perspektiven in die Debatte rund um die Bedeutung von KI für die Urheber*innen zu Urheberrecht und KI ein. Christiane Stützle fasst zusammen, dass trotz unterschiedlicher Positionen sich die Panelist*innen einig sind, dass KI nicht mehr wegzudenken ist und der Gesetzgeber einen angemessenen Kompromiss zwischen Innovation und Regulierung finden muss.
Nach der Pause gibt Dr. Armin Jungbluth (Leiter des Referats Rechtsrahmen digitale Dienste, Medienrecht | Bundesministerium für Digitales und Verkehr) den Anwesenden eine „Sneak-Preview“ darauf, wie zukünftig die Providerhaftung auf nationaler Ebene gesetzlich geregelt sein soll. Bevor auf dem zweiten Panel die praktische Umsetzung des Regulierungsrahmens umfassend diskutiert werden kann, gibt Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann einen Überblick über die aktuell geltenden Richtlinien und Gesetze, die in Urheberrechtsfragen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz Anwendung finden. Im Anschluss daran diskutieren Prof. Dr. Ruth Janal, LL.M. (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht und Wirtschaftsrecht | Universität Bayreuth), Dr. Armin Jungbluth (BMDV), Dr. Anke Schierholz (Justitiarin | VG Bild-Kunst), Christian Sommer (Country Representative Germany | Motion Picture Association) und Lina Wöstmann (Referentin Medienpolitik & Plattformen | Bitkom e.V.) über Verantwortung und Haftung von Internetprovidern bei Urheberrechtsverletzungen.
Ziel des Kongresses ist jedoch, nicht nur eine Debatte über den Ist-Zustand rechtlicher Regelungen zwischen Politik und Wissenschaft anzustoßen, sondern auch einen Ausblick auf mögliche Lösungswege zu geben. Dr. Christian Käser (Director - Corporate Counsel | Getty Images), Tobias Haar (General Counsel | Aleph Alpha GmbH) und Dennis Kaben (Leiter der Rechtsabteilung | Google Germany GmbH) geben mit ihren Impulsvorträgen zur Perspektive aus wirtschaftlicher Sicht einen Einblick, wie ihre Unternehmen die Herausforderung annehmen. Dr. Christian Käser erläutert, dass Authentizität das Hauptthema für Getty im Bereich von KI ist und spricht die Herausforderung an, wie Echtheit von Fotos in Zukunft zu verifizieren ist. Tobias Haar berichtet unter anderem von urheberrechtlichen Schranken und Ausnahmen für Text und Data Mining innerhalb der EU, Japans und Israels. Außerdem hebt er hervor, dass Aleph Alpha derzeit das einzige deutsche Foundation Model ist und Konkurrenz willkommen sei. Den Ausblick der Wirtschaft schließt Dennis Kaben, der die Bedeutung von KI gerade auch im Gesundheitsbereich hervorhebt, eine Sneak Preview zu Google Bard gibt und sich abschließend für eine verhältnismäßige KI-Regulierung ausspricht.
Trotz unterschiedlicher Sichtweisen und Argumente kann Prof. Dr. Malte Stieper (Gundling-Professur für Bürgerliches Recht, Recht des geistigen Eigentums und Wettbewerbsrecht | Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) abschließend zusammenfassen, dass in einigen Bereichen eine gesetzliche Regelung für von KI erzeugten Inhalte als sinnvoll erscheint. Ob es eine urheberrechtliche Regelung sein muss und wie sie aussehen kann, bleibt nach Prof. Stieper noch auszugestalten.
Wir bedanken uns beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie Brandenburg und der Senatskanzlei Berlin für die erfolgreiche Kooperation, beim Medienboard Berlin-Brandenburg für die Förderung sowie bei der Landesvertretung Brandenburg beim Bund in Berlin für die Bereitstellung der Location. Wir danken herzlich auch den Moderator*innen Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M. und Christiane Stützle, den Speaker*innen für ihre wertvollen Beiträge und allen Teilnehmer*innen für die rege Beteiligung an den Diskussionen.
Fotoimpressionen des Kongress finden Sie hier.
Der Kongress Urheberrechtspolitik begleitet bereits seit 2014 die politische Entwicklung des Urheberrechts in Deutschland sowie auf europäischer Ebene und versteht sich als führendes unabhängiges Forum für einen urheberrechtspolitischen Dialog.
Kontakt
Grischa Böhmer
Leitung Nationale Weiterbildung | Justitiarin
+49 (0) 331.769 915-21 | gb@epi.media