Rückblick
Der 7. Kongress Urheberrechtspolitik brachte am 26. Juni 2025 erneut zentrale Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft, Recht und Kreativwirtschaft in Berlin zusammen, um die Schnittstellen von Künstlicher Intelligenz und Urheberrecht zu beleuchten. Im Fokus standen die europäische Gesetzgebung, technische Grundlagen, marktwirtschaftliche Lösungen und ethische Fragen im Umgang mit generativer KI.
Einordnung aus politischer Perspektive
Den inhaltlichen Auftakt machte Dr. Martin Bittner (Bundesministerium der Justiz) mit der Keynote „Bericht aus Berlin: Urheberrecht im Koalitionsvertrag & seine Umsetzung“. Er betonte die politische Zielsetzung, Urheber*innen für die Nutzung ihrer Werke im Rahmen von KI-Trainings angemessen zu vergüten. Dabei stand insbesondere die Umsetzung des Koalitionsvertrags im Mittelpunkt, ebenso wie die Beobachtung des EuGH-Vorlageverfahrens Like Company vs. Google (C-250/25), das die Reichweite von Art. 4 der DSM-Richtlinie im Zusammenhang mit KI-Training prüfen soll.
Erstmals wurde auch auf die neue Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz verwiesen, die rechtspolitische Vorhaben zu Urheberrecht und KI auf Länderebene koordinieren soll. Zudem blickte Dr. Bittner auf den kommenden dritten Entwurf des „Code of Practice“, der am 10. Juli 2025 erscheinen soll, sowie auf mögliche Impulse des dänischen EU-Ratsvorsitzes.
Einblicke aus der EU-Gesetzgebung
Axel Voss (Mitglied des Europäischen Parlaments) berichtete in seiner Keynote „Bericht aus Brüssel: Urheberrechtspolitik, KI und andere Baustellen“ über die aktuellen Initiativen auf europäischer Ebene. Er kündigte für Juli 2025 einen neuen Initiativbericht des Parlaments an, der die geltende Gesetzeslage, unter anderem der der DSM-Richtlinie unter dem Aspekt der generativen KI grundsätzlich überprüfen soll. Dabei brachte er eine Anpassung der TDM-Schranke ins Spiel, die eine Vergütungspflicht für Urheber*innen enthalten könnte, sowie eine temporäre Plattformabgabe als Übergangslösung.
Technik & rechtliche Herausforderungen
In einem Impulsreferat unter dem Titel „Sind Trainingsdaten Freiwild?“ erläuterte Prof. Dr. Gerard de Melo (Hasso Plattner Institut) die technischen Hintergründe maschinellen Lernens. Er problematisierte die Vorstellung, Trainingsdaten seien beliebig nutzbar, und ging insbesondere auf die Schwächen bestehender Opt-Out-Lösungen wie der robots.txt-Datei ein. Zugleich widersprach er der Annahme, dass Werke im KI-Training dauerhaft als Kopie gespeichert würden – auch wenn in seltenen Fällen Output-Elemente klar wiedererkennbar seien.
Panel: Urheberrecht zwischen Interessenlagen
Das erste Panel des Tages mit Prof. Dr. De Melo, Dr. Martin Bittner, Leonie Heutmann (Europaparlament), Katharina Uppenbrink (Initiative Urheberrecht) und Dr. Amit Datta (Aleph Alpha) widmete sich dem Spannungsfeld zwischen den Interessen von Rechteinhaber*innen, KI-Entwicklern und Nutzer*innen. Diskutiert wurden unter anderem die anstehenden Transparenzanforderungen gemäß Art. 53 der KI-Verordnung sowie die Frage, ob eine temporäre Aussetzung bestimmter Regelungen („Stop the Clock“) im Kontext fehlender Leitlinien sinnvoll sein könnte. Uneinigkeit herrschte über die Detailtiefe, die von KI-Anbietern in öffentlich zu machenden Zusammenfassungen zu verlangen ist.
Panel: Marktlösungen und Allianzen
Im zweiten Panel standen mögliche Marktlösungen im Vordergrund. Simon Rein (Google Arts & Culture) zeigte auf, wie KI genutzt werden kann, um kulturelle Inhalte sichtbarer zu machen. Anschließend diskutierten er, Dr. Kai Welp (GEMA), Dr. Kirsten von Hutten (Bertelsmann), Heinrich Schafmeister (BFFS) und Dr. Lucie-Aimée Kaffee (Hugging Face) die Herausforderungen und Grenzen bestehender Modelle.
Einigkeit bestand darin, dass derzeitige Opt-Out-Verfahren technisch wie praktisch nicht funktionieren – insbesondere bei Film und Musik. Ein vorgeschlagenes Opt-Out-Register wurde kritisch hinterfragt, da es zu einer Beweislastumkehr führen könnte. Stattdessen plädierten die Panelist*innen für verbesserte Transparenzpflichten und verlässliche Lizenzmodelle. Die GEMA berichtete über neue Ansätze im Lizenzbereich und laufende Verfahren. Zudem wurde der jüngst geschlossene Tarifvertrag zwischen Produktionsallianz, ver.di und dem BFFS für den Einsatz generativer KI im Film- und Fernsehbereich als positives Beispiel hervorgehoben. Dr. Kaffee warnte abschließend davor, dass Open-Source-Anbieter durch mangelnde Regulierung von Closed-Source-Systemen verdrängt werden könnten.
Denkanstoss zum Schluss: Verantwortung und Ethik
Den Schlusspunkt setzte Prof. Joanna Bryson (Hertie School) mit einem Vortrag zum Thema „Responsible AI“. Sie argumentierte, dass gesellschaftliche Verantwortung gegenüber KI-Systemen nur durch echte Transparenz, technische Nachvollziehbarkeit und rechtliche Kontrolle möglich sei. Ihre Kernbotschaft: Ohne klare Vorgaben und Verantwortlichkeiten wird ethische KI zur Utopie.
Fotoimpressionen des Kongress finden Sie hier.
Seit 2014 bietet der Kongress eines der wenigen unabhängigen Foren für den Austausch zur Urheberrechtspolitik. Er wird vom Erich Pommer Institut in Kooperation mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz des Landes Brandenburg und der Senatskanzlei Berlin organisiert – mit freundlicher Unterstützung der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH.
Kontakt
Gabriela Seidel-Hollaender
Projektmanagerin Kompaktkurse & WinterClass
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