4 Fragen an die Autor*innen Timo Gößler und Katrin Merkel
Mehr und mehr Formate entstehen in „Writers’ Rooms“, angeführt von einem „Showrunner“. Doch was bedeuten diese US-Begriffe wirklich, wie funktioniert so ein „Writers´ Room“ und warum lässt sich das Modell nicht ohne Weiteres auch in der deutschen Serienentwicklung umsetzen?
Kürzlich ist das von Timo Gößler und Katrin Merkel verfasste Buch „Der German Room - Der US-Writers'-Room in der deutschen Serienentwicklung“ auf den Markt gekommen. Das Buch erläutert Branchenstrukturen und Erzählkulturen in Deutschland und den USA, beschreibt detailliert die Prozesse und Tools des US-Writers’-Room-Modells und stellt sie der deutschen Serienentwicklung kritisch gegenüber.
Anlässlich der Neuerscheinung haben wir den Autor*innen einige Fragen gestellt.
Wie ist die Idee zum Buch entstanden und welche Motivation steckte für Euch dahinter?
"Wir haben uns auf der VeDRA-Fachtagung Filmstoffentwicklung kennengelernt und uns nicht nur auf professioneller Ebene, sondern auch persönlich auf Anhieb super verstanden. Nach ersten gemeinsamen Artikeln und unserer Umfrage zu den Arbeitsweisen in der deutschen Serienbranche hat sich dann letztendlich die Idee zum Buch entwickelt. Wir haben beide schon immer viel darüber nachgedacht, warum es für uns in Deutschland oft so schwierig ist, mit dem System Writers‘ Room zu arbeiten und haben herausgefunden, dass die Gründe dafür wirklich vielfältig sind und – unserer Meinung nach – auch tiefgreifende systemische und kulturelle Ursachen haben, das wollten wir einfach mal bis zum Ende durchleuchten. Was irre Spaß gemacht hat. Der zweite Grund war, dass alle plötzlich von Writers‘ Rooms und Showrunnern gesprochen haben, und jede/r etwas anderes darunter verstanden hat. Dem wollten wir etwas entgegensetzten, um das Verständnis und vor allem auch die Verwendung der Begrifflichkeiten zu professionalisieren."
Warum sollte man dieses Buch gelesen haben?
"Genau aus diesem Grund. Die Arbeitsweise setzt sich ja nun schon seit einigen Jahren durch, aber letztendlich ist (wieder) ein total individualisierter Wildwuchs entstanden. Wir denken, das Buch ist für Menschen von außerhalb unseres Marktes interessant um zu verstehen, wie wir in Deutschland ticken und arbeiten. Für Einsteiger*innen ist natürlich besonders die konkrete Arbeitsweise im Writers‘ Room lehrreich. Und nicht zuletzt haben wir ja auch ganz konkrete Vorschläge gemacht, zu optimierten Arbeitsweisen in „German Rooms“ oder zur Vertragsgestaltung beispielsweise. Letztendlich wollen wir umfassend informieren, aber auch einen Diskurs anregen. Denn wenn wir mit diesem Modell arbeiten wollen, müssen wir unser bisheriges System analysieren und einige Positionen und Hierarchien neu denken."
Wie entwickelt sich das serielle Erzählen zurzeit?
"Der Serienhype reißt nicht ab. Sowohl die etablierten als auch immer mehr neue Player produzieren in einem Umfang, der schlicht atemberaubend ist. In einer solchen Masse kann sich nur Qualität durchsetzen – und das heißt auch, dass das Beherrschen des seriellen Handwerks immer entscheidender wird, dazu gehören auch internationale Standards wie etwa selbstverständliche Diversität bei Figuren und Geschichten, eine große Genrevielfalt und das konsequente Verfolgen einer klaren Serienvision. Genau hier setzt das Writers‘-Room- bzw. Showrunner-Modell an. Aber als Branche können (und müssen) wir da noch deutlich konsequenter werden, was mit Sicherheit dann der Qualität unserer Serien zu Gute kommen wird."
Seit 2015 leitest du, Timo, das Weiterbildungsprogramm „WINTERCLASS Serial Writing and Producing“ bei dem sich auch intensiv mit der Methode des Modells Writers´ Room auseinandergesetzt wird. Warum würdest du jemandem empfehlen an diesem Programm teilzunehmen?
"In der Winterclass erzählen zahlreiche namhafte internationale und nationale Kolleg*innen aus ihren Nähkästchen bzw. aus ihren Writers‘ Rooms, hands-on und in kollegialer Atmosphäre. Also quasi: Kompetenzvermittlung durch einen offenen Erfahrungsaustausch - sowohl was produzentische Herausforderungen, Chancen und Möglichkeiten als auch was konkrete Entwicklungsmethodik und das Schreiben betrifft. Wer einen intimen Einblick in die aktuelle Serienherstellung in Deutschland, Europa und in den USA bekommen will und Lust hat, von den erfahrenen Kolleg*innen zu lernen, sollte sich auf jeden Fall bewerben! Und ganz nebenbei ist die Winterclass auch eine hervorragende Möglichkeit, sein Netzwerk in der Branche auszubauen!"
Wir danken herzlich für das Interview!